Rückblicke

Fluglärm macht richtig krank ...

Reinhard Ebert (Leiter Umweltamt Rüsselsheim) referiert

„Lärm macht krank“, dies ist für Friedel Schmidt eine Tatsache, weil er sie am eigenen Leib verspürt. Seit 40 Jahren schluckt er Betablocker zur Blutdrucksenkung, seine hohen Werte seien zurückzuführen auf den lauten Arbeitsplatz bei Opel, im Ruhestand habe sich das fortgesetzt wegen der gestiegenen Fluglärmbelastung. Als Moderator des Abends im Naturfreundehaus, der mit 30 Teilnehmern mehrheitlich von Mitgliedern besucht wurde, fragte er daher: „Wie gehen Ärzte damit um?“
Reinhard Ebert als Bereichleiter Umwelt im Rathaus, konnte auf eine Studie im Umfeld des Köln-Bonner Flughafens verweisen, die Risiken für Herzkrankheiten belegten. Daher sei in Hessen eine Gesamtbelastungsstudie in Auftrag gegeben worden, in die aber alle Lärmquellen einflössen. Konsequenzen müssten erst gezogen werden, wenn die Ergebnisse Gesundheitsgefährdung und nicht nur Belästigung auswiesen. Ähnlich liege der Fall bei Luftverschmutzung durch Flugverkehr, weil dessen Abgasbeitrag dazu schwer nachweisbar sei, so Ebert.

Schwach ausgeprägt nannte er den aktiven Lärmschutz aufgrund des Flugsystems. Da der Eindrehbereich ankommender Maschinen mit Inbetriebnahme der Nordlandebahn inzwischen vom Spessart bis an die Nahe reiche, schaffe die gestiegene Zahl der Flugbewegungen trotz relativ großer Höhe auch dort Belastungen. Dass die Leute auch in diesen Regionen wach werden, fand Schmidt „gut so“, denn dies habe zum Erstarken der Protestbewegung beigetragen.
Wie der Start- und Landeverkehr in Frankfurt abgewickelt werde, sei eine Kapazitätsfrage, erläuterte Ebert. Und dabei strebe Fraport die Erhöhung der stündlichen Bewegungen von derzeit 93 auf 126 an und im Jahr von jetzt 530 000 auf bis zu 750 000. Einer Simulationsstudie zufolge seien auch 900 000 erreichbar. Ein Trost für die Zuhörer konnte es dabei nur sein, dass es damit kein Argument mehr für eine weitere Flughafenerweiterung gebe. Ebert erinnerte an die einst gefürchtete Atlanta-Variante mit einem neuen Parallelbahnsystem im Süden des Airports.
Als Hauptproblembereich nannte er sich kreuzende An- und Abflüge und befürchtete: „Da kracht's bald am Himmel“. Die Koordination solcher prognostizierter Verkehrsmengen sei dabei nicht ein Problem der Fluglotsenzahl, vielmehr der Methode, wie geflogen werde.
Neben den Bemühungen um Eingrenzung der Zusatzbelastung wie Kontrolle der Abfluglinien, für die die Fluglärmkommission eintrete, gebe es kaum Aussichten für grundlegende Besserungen. Es sei denn, wie Manfred Schmitt als Vision in den Raum stellte, der Flughafen würde nach Mecklenburg-Vorpommern verlegt. Das löse den Konflikt zwischen Arbeitsplatzbeschaffung und Erhalt der Lebensqualität. Er zeigte sich zumindest mit dem derzeit gültigen Nachflugverbot zufrieden: „Ich schlafe viel besser“. Zugleich beweise dieser Stopp, dass der Flughafen auch ohne Nachtflüge leben könne.
Zufrieden zeigte sich Roger Treuting, seit Jahrzehnten Ausbaugegner, dass die Verschiebung der Lärmbelastungen die rund 60 Bürgerinitiativen nicht gespalten habe. Er nannte als Kernforderungen das strikte Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und die Kapazitätsreduzierung auf 370 000 Bewegungen als Maß des Bedarfs. Er vermisste die zentrale Anlaufstelle für Beschwerden. Es blieb das Resümee von Friedel Schmidt: Den Flughafen abzuschaffen und den Traum von der Wiederbepflanzung der Startbahn 18 West-Schneise umzusetzen, sei kaum denkbar, wohl aber den Flughafenbetrieb in Grenzen zu halten.

aus dem Rüsselsheimer Echo vom 23.1.2012 

Hinweis schließen

Cookies helfen den Naturfreunden Rüsselsheim, die Webseite für Dich besser zu gestalten. Wenn Du diese Webseite weiterhin besuchst, stimmst Du der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Infos findest Du in der Datenschutzerklärung.